Greifbare Zeit

Archäologie und Denkmalpflege auf der Insel Rügen

Putbus – Die Anfänge

Die Ortsgeschichte auf der Internetseite der Stadt Putbus beginnt mit dem Jahr 1810, in dem Fürst Wilhelm Malte zu Putbus mit dem Aufbau seiner Planstadt begann. Doch Putbus ist älter. Großsteingräber, Grabhügel und Siedlungsspuren vom mittleren Neolithikum bis in die Slawenzeit beweisen, dass die Gemarkung Putbus dem ältesten Kulturraum der Insel Rügen zuzurechnen ist. Die Erforschung steckt jedoch noch in den Anfängen. Grabungen von „Altertumsforschern“ am Anfang des 20. Jahrhunderts haben mehr zerstört als Informationen geliefert. Erst systematische Flurbegehungen seit den 1970er-Jahren stellten der Wissenschaft zuverlässiges Forschungsmaterial zur Verfügung. Die Digitalisierung der Schwedischen Matrikelkarte durch das Landesarchiv und die Universität Greifswald und die Erfassung von Oberflächendaten mittels der LIDAR-Technologie durch das Amt für Geoinformation, Vermessung und Katasterwesen beim Landesamt für innere Verwaltung M-V ermöglichten seit 2014 den Zugriff auf bislang unbekannte Geodaten. Alle diese Informationen erlaubten einen Blick in die Zeit vor dem 19. Jahrhundert und der Umgestaltung des Geländes in eine Residenzstadt.

Die ältesten Bodendenkmale (Abbildung 1) lagen nach einem Vermerk in der Schwedischen Matrikelkarte im Westen der Gemarkung. Es handelte sich um zwei „mit großen Steinen umgebene Hünengräber“ . Die Darstellung der Objekte in der Karte lässt auf trapezförmige, Ost-West ausgerichtete Hünenbetten schließen. Über das weitere Schicksal der Gräber ist nichts bekannt. Nur durch archäologische Geländeforschung könnte festgestellt werden, ob Spuren von diesen Anlagen erhalten geblieben sind.

Eine weitere Gruppe von Bodendenkmalen in der Gemarkung Putbus bilden die Grabhügel. Sie finden sich im westlichen Teil, dem Forst Gremmin, dem Mühlenberg, dem Tannenberg und am Rand der Kleingartenanlage „Am Krähenberg e.V.“. Aus unsachgemäßen Grabungen des frühen 20. Jahrhunderts, deren Schäden bis heute als Krater in den Grabhügeln sichtbar sind, gelangten Objekte von der Bronzezeit bis in die Slawenzeit in die Museen von Berlin und Stralsund. Sie stecken den ungefähren Zeitrahmen ab. Bei Tiefbauarbeiten im Stadtgebiet stieß man auch auf Siedlungsspuren in Form von Abfallgruben. Ein Befund im Bereich des Tiergeheges enthielt neben Feuersteinklingen und Keramik die Tonplastik eines menschlichen Gesichts, welches W. Lampe als die älteste Menschendarstellung auf Rügen mit einem Alter von 2800 Jahren identifizierte.

Abbildung 1. Putbus in vorgeschichtlicher Zeit.

Abbildung 1. Putbus in vorgeschichtlicher Zeit.

Nach der Eroberung von Rügen durch die Dänen im Jahr 1168 und dem Ende der Slawenzeit, trat Putbus erst im 14. Jahrhundert mit einem urkundlich erwähnten Steinhaus in Erscheinung. Als Standort gilt die Stelle des späteren Schlosses, das in der Schwedischen Matrikelkarte von 1695 erstmalig in einem kartographischen Zusammenhang überliefert ist (Abbildung 2). In der gesamten Gemarkung sind das Schloss und vier Wohnhäuser im Norden der Kastanienallee die einzigen dargestellten Gebäude. Auf einem Grabhügel hinter dem Haus Alleestraße 32 befand sich eine Richtstätte mit einem zweischläfrigen Galgen.

Für die Stadtgründung im Jahr 1810 wählte der Fürst das sogenannte Brachfeld nördlich der späteren Alleestraße mit minderwertigem, sandigem Boden. Die Stadt wuchs von Westen nach Osten und füllte sich mit öffentlichen Gebäuden, Palais, Handwerkerhäusern, Platzanlagen und Gärten. Auch wenn das Schloss im Jahr 1962 durch Sprengung verloren ging, bildet die Stadtanlage immer noch ein einzigartiges Zeugnis klassizistischer Baukunst.

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Abbildung 2. Putbus um 1695.

W. Lampe, Die älteste Menschendarstellung auf Rügen. Rügener Heimatkalender 1994, 33.
H. Wartenberg, Die Schwedische Landesaufnahme von Vorpommern 1692-1709. Ortsbeschreibungen Bd. 2: Insel Rügen. Teil 3: Südostrügen. Kiel 2012.

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